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Seminar-Reminiszenz

Wäre ich noch an der Uni und zudem in Bremen, so hätte ich wohl VAK 10-408-GH-1207 besucht, ein Seminar mit dem vielversprechenden Titel “Sinnlich schreiben”, welches der Paperback Fighter alias Hella Streicher persönlich dieses Sommer- und das darauffolgende Wintersemester zu leiten die wohlverdiente Ehre hat; und das würde ich nicht etwa tun, weil ich von Kreativschreibseminaren allgemein viel hielte oder gar glaubte, mir zum Behufe des Schreibens regelmäßige Lerneinheiten reinziehen zu müssen; denn beides tu ich nicht. Sondern ich würde mir eine relevantere, bodenständigere, organisiertere, überraschendere, kurz: erlesenere & erfreulichere Veranstaltung erhoffen, als ich sie vor zwei Jahren hier in Heidelberg drei oder vier Sitzungen lang zu erdulden mich nicht entblöden konnte (oder wollte).

Damals wurde erstmals eine Übung angeboten, die da hieß “Kreatives Schreiben”. Der Raum war mit knapp 200 Leuten deutlich überbelegt; die Veranstaltung mußte dreigeteilt werden (ich blieb in der kleinsten Gruppe, deren Haupttätigkeit in der Textproduktion liegen sollte). In der ersten Sitzung verlautete die Information, man könne einen Schein erwerben, Voraussetzung sei ein kreatives Abschlußprojekt mit Dokumentation des Entstehungsprozesses.
Wie schön; das ist mal was anderes, dachte ich erfreut. Unsere Textproduktionsgruppe wiederum sollte sich unterteilen in thematisch bzw. genremäßig voneinander abgegrenzte Kleingruppen. Eine scheinbar gute Idee; denn so, dachte ich, würden sich die unterschiedlichen Begabungen & Interessen von uns Studierenden (von denen die weiblichen übrigens, wie fast immer in den Heidelberger neuphilologischen Veranstaltungen, deutlich in der Überzahl waren) am besten verteilen und entfalten können.

In der zweiten Sitzung begann der Ärger. Mir unverständlicherweise wurde mein Vorschlag, eine Lyrikgruppe zu bilden und auch zu leiten, mit kühlen Worten und wenig plausibler Begründung abgelehnt; die krude Idee eines kettenbriefversendenden und -empfangenden Netzes unter Leitung eines Kommilitonen dagegen fand sowohl bei der (Aushilfs-)Dozentin wie auch bei meinen Mitstreitern regen Anklang. Die Kettenbriefler, zu denen ich mich freilich nicht gesellte, hatten sich bereits am Ende der zweiten Sitzung in Windeseile komplett formiert.
Wie unerfreulich, dachte ich, und ich dachte es noch einmal, als weiterhin verlautete, diejenigen, die sich von der Veranstaltung einen Schein versprächen, dürften leider doch keine kreative Abschlußarbeit verfertigen – dessen habe man sich noch einmal versichert –, sondern eine gewöhnliche Hausarbeit, wie sie nicht nur mir aus jedem Pro- und Hauptseminar mit dröger Gewißheit bereits zu Semesterbeginn vertraut war.

Meine Motivation, diese Übung weiterhin zu besuchen, hatte sich spätestens zu diesem Zeitpunkt verflüchtigt, und als ich des weiteren von der bizarren Begriffs-Schizophrenie erfuhr, die da unter den Verantwortlichen herrschte, beschloß ich, es tatsächlich sein zu lassen: Die Dozentin hatte gleich zu Anfang verkündigt, sie liebe generell keine englischen Titel deutschsprachiger Werke, vor allem nicht bei den im Laufe des Seminars zu erwartenden literarischen Produkten der Teilnehmer – dies jedoch, ohne es sich dabei nehmen zu lassen, das Motto der Veranstaltung, gerade im Hinblick auf die geplante öffentliche Präsentation der Arbeiten nach Semesterende, keineswegs anders zu formulieren als: Germanistik goes public!

Wonderful, dachte ich, der ich ohnehin nie die Absicht gehabt hatte, meine Gedichte mit englischsprachigen Titeln zu versehen, aber dennoch zwischen dem bestehenden Diktum und dem absurden Motto keinen logischen und moralischen Einklang erkennen konnte, und so packte ich meine Tasche und ging, ohne jemals wiederzukommen.

VAK 10-408-GH-1207 scheint da in vielerlei Hinsicht anders, ja besser zu sein. Die Studentinnen und Studenten jedenfalls scheinen die erste Sitzung nicht nur zur eigenen Zufriedenheit, sondern auch zu der der Dozentin hinter sich gebracht zu haben.
Wie schön! Ich wünsche dem Paperback Fighter in diesem Semester ein ergiebiges, fruchtbares, flexibles und vor allem anhaltend gut besuchtes Seminar. Schade, daß ich nicht dabeisein kann!

Langsam, aber unaufhaltsam ...

... wächst der Roman, über den ich an dieser Stelle bisher ausführlichst geschwiegen habe: Nahezu zur Hälfte sind die Könige fertiggestellt. Ein weiterer Höhepunkt der Handlung steht bevor, und danach muß die finale Austragung des Konflikts vorbereitet werden. Bei diesem Projekt, weit mehr noch als bei Sucher der Versöhnung damals, stelle ich beim Schreiben immer wieder fest, daß sich die Planung des Plots immer wieder geringfügig ändert. Das liegt wohl daran, daß die Figuren eigenwilliger, ihre Motivationen und Hintergründe komplexer und ihre Einbettung in die Dramaturgie tiefgreifender ist, als dies beim Sucher der Fall war.

Bisher hat der Plot durch die Änderungen eigentlich nur gewonnen; und doch bin ich unsicher, inwieweit man selbige tolerieren wird. Ich schreibe also trotz eines genauen Konzepts gewissermaßen ins Blaue hinein. Freilich würde mir konstruktives, oder noch besser: professionelles Feedback um einiges weiterhelfen. Dennoch bin ich irgendwie froh, daß ich keine Scharen von Testlesern um mich habe, die mich mit ihren vielen unterschiedlichen Eindrücken und Meinungen auf Dauer vermutlich eher verwirren und von der Arbeit abhalten würden, wie es durchaus so manche Kollegen beschreiben. Viele Köche verderben nun mal den Brei.

Weil ich das Projekt exklusiv für eine Agentur anfertige, bin ich natürlich besonders auf deren erstes Urteil gespannt. Aber vor der Londoner Buchmesse (16. bis 18. April) werde ich wohl nichts hören. Vielleicht wird es Mai werden; vielleicht aber auch August. Das Ganze ist naturgemäß eine langfristige Angelegenheit.

Allen Leserinnen und Lesern meines Blogs wünsche ich frohe Osterfeiertage! Bleibt mir treu; ich werde versuchen, in Zukunft nicht nur mehr Informationen zu meinem Projekt fließen zu lassen, sondern auch zum Literaturbetrieb allgemein wieder verstärkt Neuigkeiten, Meinungen und Kommentare beizutragen. :-)