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Sommerbücher, Winterbücher

Als eingefleischter Büchernarr entwickelt man im Laufe der Zeit ja gewisse Spleens. Manch einer sortiert seine Bücher nach Größe ins Regal ein, andere bevorzugen eine Sortierung nach Verlagsnamen oder Farbe der Buchrücken. Es mag Leute geben, die sich nur im Schein ihrer Lieblingslampe oder in eine Decke aus Leopardenfellimitat gekuschelt auf ihre Lektüre konzentrieren können. Andere wiederum führen Strichlisten, wie oft in einer Geschichte Kaffee gekocht wird, oder bewerten ein Buch prinzipiell danach, wie viele Hunde pro Kapitel bellen. Eine Tante von mir (mütterlicherseits) liest ausschließlich Bücher mit höchstens 24 Zeilen pro Seite, und auch das nur, wenn außerdem Schrifttype und -größe ihren Vorstellungen entsprechen. Ein Onkel (dritten Grades) schätzt “eigentlich” nur gebundene Bücher, liest aber trotzdem fast immer Taschenbücher, weil die weniger anstrengend in der Hand zu halten seien.

Ich selber habe die Angewohnheit, Bücher – rein gedanklich, nicht im Regal – nach Jahreszeiten einzuteilen. Wobei es bisher seltsamerweise nur die Kategorien Sommer und Winter gibt. (Zu Frühling, Monsun oder Dürre passende Bücher könnte ich zum Beispiel gar nicht nennen, “Herbstbücher” dagegen schon, obwohl ich da länger überlegen müßte.) Die Einteilung erfolgt nicht (nur) aufgrund der Jahreszeit, in der die Handlung hauptsächlich spielt, welche Stimmung Szenen und Figuren vermitteln oder ähnliches, sondern (auch) im Hinblick darauf, wann ich die Bücher gelesen (bzw. geschrieben) und vor allem wie sie auf mich gewirkt haben. Nicht immer ist sie (die Einteilung) rational zu erklären; und gemeinerweise gibt es daneben sowohl aalglatte “Überläufer” als auch solch gar unheimliche Werke, die sich nach überhaupt keiner Jahreszeit anfühlen.

Einige typische “Winterbücher” sind für mich Die unendliche Geschichte, P. Rothfuss’ Der Name des Windes, das Gesamtwerk Franz Kafkas (mit Ausnahme von Der Prozeß), Dan Simmons’ Terror, Walter Moers’ Die Stadt der Träumenden Bücher (obwohl im Hochsommer gelesen), Lilli Thals Vialla und Romaro und nicht zuletzt die meisten Vertreter der zeitgenössischen deutschsprachigen Fantasy, etwa Marcus Reichards Finsternis-Saga.

Als echte “Sommerbücher” dagegen empfinde ich beispielsweise die komplette Narnia-Reihe, Ursula K. LeGuins Erdsee-Zyklus, C. R. Zafóns Der Schatten des Windes, Walter Moers’ Die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär (gelesen in einem frostigen Frühling), das Romanwerk Theodor Fontanes, alles von Diana Wynne Jones, die beiden Elbenromane von Susanne Gerdom oder auch die ersten fünf Harry-Potter-Bände (bei den restlichen zwei bin ich mir nicht sicher).

Auch meine eigenen Romane kann ich alle recht eindeutig einer Gruppe zuordnen. STREUNER ist ein Winterbuch durch und durch. Meine früheren, unveröffentlichten Projekte waren – bis auf ein bislang unfertiges und ein anderes, das sehr wahrscheinlich für immer Fragment bleiben wird – ausschließlich Sommerbücher, ebenso Codename: Zwölf.

Übrigens, mein nächster Roman wird wieder ein Winterbuch werden. Zumindest fühlt er sich im Moment danach an ...