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Aus dem Leben gegriffen

Ich arbeite gern mit den Händen, nicht zuletzt zum Ausgleich der intensiven Kopfarbeit, die die Autorentätigkeit mit sich bringt. Das schließt sehr feine Bastelprojekte elektronischer Art, aber auch gröbere Arbeiten, vor allem mit Holz, ein. Im Rahmen meines im letzten Eintrag erwähnten Umbaus habe ich innerhalb der letzten Tage und Wochen sieben Preßspan-Regale aufgebaut – was keine Kunst ist, denn schon mit dem zweiten oder dritten hat man Routine, und außerdem sind die rein bildlichen Anleitungen eines gewissen schwedischen Möbelhauses absolut idiotensicher. Bei einer solchen Tätigkeit kann der Kopf “abschalten”. Wenn er es denn will.

Bei den letzten vier Regalen, die innerhalb einer guten Dreiviertelstunde standen, wollte er nicht, und es entspann sich in meinen Gedanken eine Szene, die ich am Schreibtisch nicht lebensechter und humorvoller hätte konzipieren können. Dazu muß man wissen, daß der Protagonist der Könige von Beruf Zimmermann und Schreiner ist (wer sich für den Unterschied interessiert, möge dazu die Wikipedia konsultieren) – und außerdem, daß ich derzeit die Fortsetzung plane, in welcher besagter Protagonist erneut Hauptfigur sein wird.

Die Szene: Er (nennen wir ihn A, außerdem ist er kein Mensch) gerät mit B, einem menschlichen Zimmermann, in irgendeiner Spelunke aneinander, und anstatt ihn zu verprügeln, fordert A ihn zu einem Wettstreit heraus: Wer innerhalb einer bestimmten Zeit die schönere Hütte baut, was ein Meister der Zunft beurteilen wird, ist der Sieger. Sie treffen sich am nächsten Tag, der Meister und zahlreiche Schaulustige stehen bereit, um den Fortgang des Wettkampfes zu verfolgen, ihren jeweiligen Favoriten anzufeuern und überhaupt die Stimmung gewaltig anzuheizen. Ich will es kurz machen: Die entstehende “Hitze” verursacht eine “Feuersbrunst”, die eine sozusagen purgatorische Wirkung entfaltet. Ob sich A und B am Ende vertragen und wer als Sieger aus dem Inferno hervorgeht, möchte ich noch nicht verraten.

Doch halten wir fest: Aus dem Moment heraus, ohne daß man es plant, entstehen die Szenen, Figuren und Plots von Büchern. Ich glaube, ich habe schon einmal erwähnt, daß mir auf meinen täglichen Waldspaziergängen die besten Ideen kommen. Doch immer öfter ergeben sich beim Abspülen, beim Einkaufen oder eben beim Aufbauen eines Regals inspirative Momente, die unmittelbar Einfluß auf die kreative Arbeit nehmen. Nicht immer läßt sich das Material verwenden; es ist fraglich, ob obige Szene je Eingang in irgendeines meiner Romanprojekte finden wird. Aber man kann an diesem einfachen Beispiel das Potential ermessen, welches das Leben für das Schreiben und für die Literatur überhaupt bereithält, wovon beide zehren – ob man nun Gedichte, Gesellschaftsromane oder Fantasy schreibt.

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